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AutorenbildTom David Frey

Müssen Christen Trump ablehnen?

Gerade erreichte mich eine freundliche Zuschrift eines Lesers aus Japan. In der E-Mail ging es um Israel und um Fragen der Identität. Besonders viele Zeilen allerdings beschäftigten sich mit meinem im Jahr 2023 veröffentlichten Buch, das die zehn größten Anschuldigungen behandelt, denen sich der ehemalige und vielleicht zukünftige US-Präsident Trump ausgesetzt sieht. Die daraus entstandenen Gedanken erscheinen mir wichtig genug, um sie nicht nur als E-Mail einmal quer um die Welt zurück nach Asien zu schicken. Nein, die Gedanken zu Trump und zu seiner Konkurrenz, ebenso zu einer christlichen Perspektive auf die Materie, halte ich für interessant genug, um sie einem Publikum bereitzustellen, das in Deutschland stets nur eine einhellige Berichterstattung mitbekommt, wenn in den Vereinigten Staaten wieder einmal gewählt wird.


Symbolbild

Lieber Peter,


vielen Dank für Deine ausführliche Nachricht und für Dein Feedback. Natürlich bin ich es gewohnt, mit meiner Arbeit nicht jedem zu gefallen. Aber das nehme ich in Kauf. Ich vertrete immer wieder auch unpopuläre Thesen, Menschen und Themen (wobei nicht zwangsläufig die Gegenthese, was mich auch nervt) und werde das auch zukünftig beibehalten. Mir erscheint es am ehrlichsten und auch intellektuell spannender, wenn ich meine Beobachtungen und wenn ich meine Meinung teile, anstatt das zu sagen, was andere gerne hören oder lesen wollen.


Meine Meinung zu Trump ist gar nicht so leicht zusammenzufassen. In meinem Buch sprach ich nur hin und wieder über meine persönlichen Ansichten. Viel mehr ging es mir darum, zu hinterfragen, wie wahr oder unwahr die vielen Anschuldigungen sind, die dem ehemaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten gemacht werden.

Ich selbst halte Trump in keiner Weise für einen Lichtblick in der politischen Welt, was ich im letzten Kapitel auch betone (soweit ich das richtig in Erinnerung habe).

Mir persönlich wären viele Kandidaten lieber gewesen als der leicht reizbare und oft vulgäre ehemalige Präsident Trump, der viel zu oft beim Lügen erwischt wurde und dessen verbale Entgleisungen ich teilweise für grenzwertig und geschmacklos, vor allen Dingen aber für wenig präsidial halte.


Dennoch darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Lüge in der Weltpolitik, oder zumindest die Auslassung (die allerdings auch als fatalste Form der Lüge bekannt ist), durchaus dazugehört und von allen Teilnehmern des Polittrubels regelmäßig genutzt wird.

Selbst die Zuspitzung ist, streng genommen, eine Lüge, scheint in sämtlichen politischen Lagern allgegenwärtig.


Das alles macht Trump natürlich nicht besser oder befreit ihn von seiner Verantwortung. Und natürlich hätte ich persönlich mir lieber einen anderen Kandidaten gewünscht. Nicht einen, der von Wahlbetrug redet, sobald er zu verlieren droht (wobei am Briefwahlsystem durchaus ernsthafte Kritik zu üben ist, die allerdings in der Trump-Show untergeht).


Aber auch eine Präsidentin Harris, deren Running Mate und potenzieller Vizepräsident grundlegende Sicherungsmechanismen der amerikanischen Demokratie einfach aus dem Weg räumen möchte, weil sie die eigene Partei immer wieder Macht gekostet haben, bereitet mir Kopfschmerzen (beispielsweise fällt mir die Forderung nach einer Abschaffung des meiner Meinung nach klugen Electoral College ein – die man als nicht weniger als eine Gefährdung des demokratischen Prozesses betiteln muss).


Wo ich in der Kritik nicht mitgehe – denn bisher habe ich in vielen Aspekten Deine Bewertung Trumps geteilt – ist die Hysterie und die einseitige Verteufelung.

Vor allen Dingen halte ich die Gleichsetzung Trumps mit genozidalen Autokraten wie Adolf Hitler für brandgefährlich. Der Vergleich, der nicht nur geschmacklos ist und einer historischen Lüge gleichkommt, verharmlost die Shoah und die anderen Verbrechen der Nationalsozialisten und spuckt den Opfern des Nazi-Regimes ins Gesicht.


Da Du mich auch als Christ ansprachst, kann ich natürlich nicht umhin, dem Appell zuzustimmen: Ja, die Lüge ist im Christentum verboten. Und Trump sieht in dieser Hinsicht wirklich nicht gut aus. Dennoch halte ich es für falsch, diesen einzeln herausgenommenen judeo-christlichen Ansatz zu nutzen, um Trump bei gläubigen Wählern zu diskreditieren.


Ehrlich wäre die in sich angemessene Kritik, wenn man nicht nur Trump aus der Sicht der Bibel hinterfragt, sondern zeitgleich auch die Alternative, also Kamala Harris und ihre Demokratische Partei:


Wie also hält es die Partei, die ihre Gegner flugs zu Rassisten, zu Sexisten und zu "Bedauernswerten" erklärt, die die Idee des Glaubens und eines allmächtigen G-ttes lächerlich macht, eigentlich mit dem Thema Hochmut?

Und was sagt die Bibel zum Thema Pride (also Stolz) und indirekt zu denen, die diesen nicht nur ausleben, sondern auch öffentlich und oftmals vulgär feiern?

Warum darf in einigen von den Demokraten regierten Bundesstaaten bis zum 9. Monat einer Schwangerschaft ein voll lebensfähiges Baby abgetrieben werden?

Und wie passt der Ruf nach einem in der Verfassung verankerten Grundrecht auf Abtreibung – auch abseits der Kernfrage selbst – mit dem Gebot von Enthaltsamkeit und Sex in der Ehe zusammen (da die allermeisten Abtreibungen nicht das Resultat religiös gelebter Ehen sind)?


Ich persönlich baue meine politischen Positionen, um das noch anzufügen, nicht nur auf religiösen Überzeugungen auf, obwohl diese in vielerlei Hinsicht mein Wertegrundgerüst darstellen. Dennoch würde ich am Ende, wenn ich meinen Glauben zum Kriterium machen würde, wahrscheinlich keiner Partei und keinem Kandidaten meine Stimme geben können.

Nicht nur, weil es schwer erscheint, heute ein Parteiprogramm zu finden, das einer Überprüfung aus christlicher Warte standhalten könnte, sondern auch, weil man am Ende doch nur Menschen wählt. Menschen also, mit all ihren Fehlern, die, selbst wenn sie es versuchen, wohl nur selten den hohen Standard der Bibel erfüllen. Selbst an den Zehn Geboten, der Grundessenz, wenn man so will, scheitern wir alle regelmäßig. Trump scheitert an diesen. Harris ebenso.

Also zählen am Ende Abwägung und die Einbeziehung anderer Kriterien, um eine Wahleintscheidung zu fällen – wobei ich, als Europäer, von dieser Wahl glücklicherweise verschont bin und deswegen weder Pro Trump, noch Pro Harris sein muss.



Ich habe mich sehr über Deine Zuschrift gefreut und werde meine Antwort auch auf meinem Blog teilen,


die allerbesten Grüße nach Japan, wo ich auch gerne bald einmal hinreisen würde, nachdem ich so viele Bücher über das Land gelesen, es aber noch nie selbst besucht habe,


Dein Tom David Frey


Symbolbild

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Tom in Israel, Kibbuz Kfar Aza.jpg

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